Hier wollen wir nicht die großen
und bekannten Bands von Benny Goodman bis Glenn Miller
vorstellen (dazu findet man im
Internet sowieso eine Unmenge), sondern für den "Neuling"
oder amerikanisch orientierten
Interessenten, einige der eher weniger bekannten
Europäische Swing- und
Tanzorchester der 30er und 40er Jahre.
Angelehnt an amerikanische Vorbilder entwickelte
die" swingende Tanzmusik" in Europa
ihren eigenen Stil, der dem europäischen
Geschmack eher entsprach. Sie war rhythmisch
akzentuierter, treibender und weniger "sweet"
als der US-Swing der 40er Jahre.
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Der Rumäne James Kok baute zwischen 1929
und 1932 in Berlin eine der heißesten Big Bands in Deutschland auf.
Das Orchester war hauptsächlich mit deutschen Musikern (z.B. Fritz
Schulze: Klavier, Erhard Bauschke: Klarinette, Piano, Scat-Gesang und Kurt
Wege: Saxophon, Klarinette) besetzt. Der Orchesterleiter Kok fiel 1935
aufgrund von öffentlichen Sympathiebekundungen für das bei den
Nationalsozialisten unbeliebte britische Jack Hylton Orchester der Reichsmusikkammer
(RMK) auf, die wegen seiner daraufhin entdeckten "halbjüdischen" Herkunft
ein Berufsverbot verhängte. Kok flüchtete nach England, überlebte
den Krieg und lebte später in der Schweiz. Bauschke führte die
"arisierte" Band ab Sommer 1935 weiter.
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Der witzige britische "Showman" Jack Hylton
begeisterte die Deutschen seit seinem Debüt 1928 in Berlin. Den Ruf
der besten und populärsten Jazz-Band Europas verlor sie allmählich
ab 1933 wegen ihres zunehmend gemäßigten Stils.
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Die 1934 als reine Studio- und Schallplattenband
gegründete "Goldene Sieben", sollte der beliebten angloamerikanischen
Tanzmusik "deutsche Tanzmusik modernen Stils" entgegensetzen. Sie wurde
aus Mitgliedern der führenden Bands Berlins zusammengestellt und schnell
bekannt. Die Band brachte mehrere zukünftige Bandleader hervor, wie
Kurt Hohenberger, Willi Berking, Franz Thon, Adalbert Luczkowski und Freddie Brocksieper. Neben
Filmschlagern und internationalen Melodien spielten sie auch deutsche Kompositionen.
Als Begleitorchester namenhafter Sänger (Igelhoff, Schuricke, Hildebrand,
...) stieg ihre Mitgliederzahl bis auf 14 an. Zwar sollten die Musiker
der von Goebbels beabsichtigten "goldenen" Mitte entsprechen, sie
"swingten" aber so stark, dass sie bereits 1935 aus dem Rundfunk gedrängt
wurden. Nach mehreren Verweisen und Sendeverboten wurde schließlich
1939 ein endgültiges Spielverbot verhängt. Dennoch waren ihre
Platten weiter im Handel erhältlich und im Runfunk zu hören.
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Der Brite Nat Gonella, ein Idol der "Swing-Jugend",
welcher von den Nationalsozialisten aufgrund seiner Stimme irrtümlich
für einen Schwarzen gehalten wurde (deshalb Anfang 1939 als "Nigger-Jazzkapelle"
verboten), brillierte durch seine witzige Art und durch Klamauk.
Er spielte zuerst in verschiedenen Bands (Billy Cotton, Roy Fox, Lew Stone)
und gründete 1935 eine eigene Formation, die zuerst als "Band in der
Band" von Lew Stone als "Nat Gonella and his Georgians" bekannt wurde.
Ihre Erkennungsmelodie "Georgia on my mind" begründet den Bandnamen.
Der Trompeter Gonella trat neben England auch in Schweden, Holland, und
Amerika auf, bis er 1941 eingezogen wurde. Nach dem Krieg spielte er bis
in die 70er Jahre Rock 'n' Roll und Jazz.
!! Es existiert auch ein Beitrag zu Nat Gonella !! |
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Den erfolgreichsten Big-Band-Sound der späten
Dreißiger Jahre spielte in Deutschland der Schweizer (Bern) Saxophonisten
Ernst (Teddy) Stauffer mit seinen Originalen Teddies (Teddies, weil das
Berner Stadtwappen einen Bären führt). Hohe Beliebtheit
erlangte das Orchester bei Auftritten 1936 während der Olympiade in
Berlin durch die Darbietung originaler amerikanischer Swingnummern im Goodman-Stil.
Ungeniert verjazzte Stauffer 1938 das Horst-Wessel-Lied, was aufgrund seiner
großen Beliebtheit nahezu ungeahndet blieb. 1939 kehrte er in die
Schweiz zurück. Später wanderte er nach einer Reihe von
Misserfolgen nach Mexiko aus, wo der Frauenheld, der auch mit der Schauspielerin
Hedy Lamarr verheiratet war, Acapulco in ein Ferienparadies verwandelte.
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Odeon- Katalogausschnitt
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Anfänglich als "Filmvorband" in England
tätig, tourte das Orchester als "Harry Roy and the RKOlians" 1930
auch durch Deutschland. Ihren Höhepunkt an Popularität erreichte
die Band 1934 als Hotelband im Londoner Mayfair-Hotel. Harry Roy war bekannt
für seine "high-pitched" Stimme und die Band spielte vor allen Dingen
Hot - und Ragtime - Nummern. Häufige Rundfunkauftritte in England
und einige Auftritte in Filmen verstärkten seine Popularität.
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Der Berliner Bandleader und "Swing-Experte"
Kurt Widmann (Schlagzeuger, später Akkordeon, dann Posaune) war mit
seinem Orchester der Star des Hotel "Imperator". Die Band begann 1933 als
Fünf-Mann Ensemble und wurde des öfteren wegen ihres jüdischen
Repertoires verwarnt. 1938 folgten erste Plattenaufnahmen, zum Teil
auch unter englisch klingenden Pseudonymen wie Billy Blackmoore, John Weepster
oder John Webb. Mit Kriegseintritt Englands 1939 wurden aber von den Nazis
diese Namensgebungen verboten. Im Krieg wurde die Band auch zur Truppenbetreuung
eingesetzt. Der Zweizentner-Mann wurde wegen seiner Luftsprünge,
die beinahe im Spagat endeten, auch scherzhaft als springender Gummiball
bezeichnet. Bereits kurz nach Kriegsende trat er mit neuem Orchester in
Clubs der amerikanischen Besatzer auf.
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