Der
Besuch einer perfekten Swingparty ist das immer wieder angestrebte, aber
selten erreichte Ideal der begeisterten Fans aller Arten von tanzbarer
Musik der 30er und 40er Jahre, doch meistens fuhr man zu diesem Zweck auf
die einschlägigen Veranstaltungen in England oder der Schweiz. Natürlich
gab es hervorragende Tanzveranstaltungen mit super Stimmung, bester Swingmusik
und dazu passend originalgekleideten Leuten schon immer auch in Deutschland,
nur am passenden Ambiente als Quintessenz einer ansonsten perfekten Veranstaltung
hat es hierzulande bislang, wenn nicht immer, so doch oft gemangelt.
Um so größer waren die Erwartungen
an den „Trocadero-Ball“, der schon im Vorfeld auch mit seinem Ambiente
warb. Und diese Erwartungen wurden nicht enttäuscht. Die Veranstalter
konnten das Parkrestaurant / Tanzhaus Richter in Wuppertal-Elberfeld für
sich gewinnen. Schon bei der Anfahrt auf den Veranstaltungsort war man
begeistert: Wie durch ein Wunder hatte das seit fünf Generationen
in Familienbesitz befindliche Tanzhaus Richter nicht nur den Bombenhagel
des 2. Weltkriegs, sondern auch den Modernisierungswahn der Nachkriegszeit
unbeschadet überlebt und stand in seinem typisch bergischen Schindelbaustil
so vor dem Besucher, wie es vor über hundert Jahren erbaut war. Die
geschickte Außenbeleuchtung tat ein übriges. Nach dem Passieren
der wohlerhaltenen Eingangstür betrat man durch einen kleinen Gastraum
sogleich den Tanzsaal, der einen mit seiner Größe, Höhe,
Helligkeit, der sorgfältig restaurierten, gut erhaltenen Ausstattung
aus der Gründungszeit des Hauses und seinem nicht zu stumpfem und
nicht zu glatten Parkettboden sofort in seinen Bann schlug. Die große
Tanzfläche war an einer Langseite von Sitznieschen umgeben, während
an der einen Schmalseite ein um ein paar Stufen erhöhter, von einem
hölzernen Geländer eingefaßten Sitzbereich einen wunderbaren
Blick auf das ganze Geschehen freigab.
Um 20 Uhr hatte der Ball begonnen. Als ich um
20:45 Uhr dort eintraf, waren Saal und Tanzfläche bereits brechend
voll und die ersten der üblichen Verdächtigen vollkommen durchgeschwitzt.
Passend zum Rahmen dieses Balles waren die schönsten Abendgarderoben
zu bewundern, die auch in ihren sorgfältig abgestimmten Details eine
wahre Augenweide darstellten. Als Disc Jockey fungierte Little Simon, der
für seine immer wieder glückliche Hand bei der Auswahl der tanzbarsten
Platten aus 30er und 40er Jahre in der ganzen Swingszene hinlänglich
bekannt ist und den nicht nur aus allen Teilen Deutschlands, sondern auch
aus England, Holland, der Schweiz und sogar aus Italien unerwartet zahlreich
angereisten Tanzsüchtigen ununterbrochen einheizte.
Daß von vorn herein keine Band für
den Abend angekündigt war, war für meinen Geschmack kein Nach-,
sondern ein unbedingter Vorteil: Keine Band beherrscht das von Simon zusammengestellte
weitgefächerte und ausschließlich auf die Originale aus den
30er und 40er Jahren abgestimmte Programm aus bekannten und weniger bekannten,
aber in jedem Fall wundervoll tanzbaren Swingnummern, das zusätzlich
durch Titel mit lateinamerikanischem Einschlag, durch ein wenig deutsche
Tanzmusik und sogar einige historische Tangoaufnahmen abgerundet wurde.
Daß das Fehlen einer Band sich wohltuend auf den Kostenfaktor jeder
Veranstaltung auswirkt, soll nicht unerwähnt bleiben. Eine Nettigkeit
am Rande waren die auf jedem Tisch liegenden Streichholzschachteln mit
dem Trocadero-Ball-Motiv.
Sechs Stunden lang war die Tanzfläche
immer berstend voll. Eine Tanznummer folgte der nächsten und keinerlei
Pausen unterbrachen die Stimmung und die Tanzwut. Selbst auf Leute, die
man jahrelang nicht hatte tanzen sehen, sprang der Funke über. Wohltuend
war das völlige Fehlen langwieriger Titelansagen, die die Stimmung
getrübt hätten.


Als Simon das Ende des Balles ansagte, herrschte
noch immer Hochstimmung. Daß die Uhr mittlerweile die zweite Stunde
nach Mitternacht anzeigte, war gar nicht aufgefallen. Daß die Erwartungen
an diesen Ball sehr hoch waren, kam durch das von weither angereiste Publikum
ganz klar zum Ausdruck, daß diese aber mehr als erfüllt wurden,
bezeugten nicht zuletzt die Hochrufe auf Simon am Ende des Abends. Natürlich
war Simon der Star, daher sei an dieser Stelle auch den unermüdlich
hinter den Kulissen agierenden Organisatoren dieses herrlichen Balles,
André, Silke, Frank und Katy, ein dickes Lob und ein ganz herzlicher
Dank ausgesprochen. Mit ihren ca. 150 Besuchern war die Veranstaltung wirklich
gut besucht, und es ist anzunehmen, daß es auf Grund des großen
Erfolges dieses Abends dort noch des öfteren einen Trocadero-Ball
geben wird. Gerüchteweise soll bereits ein weiterer Ball für
den kommenden Herbst geplant sein.
Der aktuelle Stand zu den Planungen läßt
sich garantiert bei "Swingstyle" verfolgen.
Fazit: Die Swingtanzszene ist mit dem Tracadero-Ball
um eine feine Attraktion reicher, die sich hinter den Veranstaltungen aus
England und der Schweiz nicht zu verstecken braucht. Ein in jeder Hinsicht
perfekter, rundherum gelungener Ball, dessen Folgeveranstaltungen jedermann
nur dringend ans Herz gelegt werden können.
Wer aber gedacht hatte, daß mit dem Ball
das Repertoir der Veranstalter erschöpft war, hatte sich getäuscht.
Am Nachmittag des nächsten Tages war eine Fahrt mit dem noch aus der
Kaiserzeit stammenden Wagen der Wuppertaler Schwebebahn organisiert worden,
der nur bei Bedarf individuell gebucht werden kann und pünktlich um
15 Uhr vom Hochbahnhof in Wuppertal Vohwinkel startete. Doch davon wird
an anderer Stelle berichtet.
Hier kannst Du noch
einen anderen Bericht über den Trocadero Ball lesen.
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