Wuppertal
Samstag, 29.03.2003
Trocadero Ball

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Ein Bericht von Jörg Schneider


 
 
 
Der Besuch einer perfekten Swingparty ist das immer wieder angestrebte, aber selten erreichte Ideal der begeisterten Fans aller Arten von tanzbarer Musik der 30er und 40er Jahre, doch meistens fuhr man zu diesem Zweck auf die einschlägigen Veranstaltungen in England oder der Schweiz. Natürlich gab es hervorragende Tanzveranstaltungen mit super Stimmung, bester Swingmusik und dazu passend originalgekleideten Leuten schon immer auch in Deutschland, nur am passenden Ambiente als Quintessenz einer ansonsten perfekten Veranstaltung hat es hierzulande bislang, wenn nicht immer, so doch oft gemangelt.
Um so größer waren die Erwartungen an den „Trocadero-Ball“, der schon im Vorfeld auch mit seinem Ambiente warb. Und diese Erwartungen wurden nicht enttäuscht. Die Veranstalter konnten das Parkrestaurant / Tanzhaus Richter in Wuppertal-Elberfeld für sich gewinnen. Schon bei der Anfahrt auf den Veranstaltungsort war man begeistert: Wie durch ein Wunder hatte das seit fünf Generationen in Familienbesitz befindliche Tanzhaus Richter nicht nur den Bombenhagel des 2. Weltkriegs, sondern auch den Modernisierungswahn der Nachkriegszeit unbeschadet überlebt und stand in seinem typisch bergischen Schindelbaustil so vor dem Besucher, wie es vor über hundert Jahren erbaut war. Die geschickte Außenbeleuchtung tat ein übriges. Nach dem Passieren der wohlerhaltenen Eingangstür betrat man durch einen kleinen Gastraum sogleich den Tanzsaal, der einen mit seiner Größe, Höhe, Helligkeit, der sorgfältig restaurierten, gut erhaltenen Ausstattung aus der Gründungszeit des Hauses und seinem nicht zu stumpfem und nicht zu glatten Parkettboden sofort in seinen Bann schlug. Die große Tanzfläche war an einer Langseite von Sitznieschen umgeben, während an der einen Schmalseite ein um ein paar Stufen erhöhter, von einem hölzernen Geländer eingefaßten Sitzbereich einen wunderbaren Blick auf das ganze Geschehen freigab. 
Um 20 Uhr hatte der Ball begonnen. Als ich um 20:45 Uhr dort eintraf, waren Saal und Tanzfläche bereits brechend voll und die ersten der üblichen Verdächtigen vollkommen durchgeschwitzt. Passend zum Rahmen dieses Balles waren die schönsten Abendgarderoben zu bewundern, die auch in ihren sorgfältig abgestimmten Details eine wahre Augenweide darstellten. Als Disc Jockey fungierte Little Simon, der für seine immer wieder glückliche Hand bei der Auswahl der tanzbarsten Platten aus 30er und 40er Jahre in der ganzen Swingszene hinlänglich bekannt ist und den nicht nur aus allen Teilen Deutschlands, sondern auch aus England, Holland, der Schweiz und sogar aus Italien unerwartet zahlreich angereisten Tanzsüchtigen ununterbrochen einheizte. 
Daß von vorn herein keine Band für den Abend angekündigt war, war für meinen Geschmack kein Nach-, sondern ein unbedingter Vorteil: Keine Band beherrscht das von Simon zusammengestellte weitgefächerte und ausschließlich auf die Originale aus den 30er und 40er Jahren abgestimmte Programm aus bekannten und weniger bekannten, aber in jedem Fall wundervoll tanzbaren Swingnummern, das zusätzlich durch Titel mit lateinamerikanischem Einschlag, durch ein wenig deutsche Tanzmusik und sogar einige historische Tangoaufnahmen abgerundet wurde. Daß das Fehlen einer Band sich wohltuend auf den Kostenfaktor jeder Veranstaltung auswirkt, soll nicht unerwähnt bleiben. Eine Nettigkeit am Rande waren die auf jedem Tisch liegenden Streichholzschachteln mit dem Trocadero-Ball-Motiv. 
Sechs Stunden lang war die Tanzfläche immer berstend voll. Eine Tanznummer folgte der nächsten und keinerlei Pausen unterbrachen die Stimmung und die Tanzwut. Selbst auf Leute, die man jahrelang nicht hatte tanzen sehen, sprang der Funke über. Wohltuend war das völlige Fehlen langwieriger Titelansagen, die die Stimmung getrübt hätten.
Als Simon das Ende des Balles ansagte, herrschte noch immer Hochstimmung. Daß die Uhr mittlerweile die zweite Stunde nach Mitternacht anzeigte, war gar nicht aufgefallen. Daß die Erwartungen an diesen Ball sehr hoch waren, kam durch das von weither angereiste Publikum ganz klar zum Ausdruck, daß diese aber mehr als erfüllt wurden, bezeugten nicht zuletzt die Hochrufe auf Simon am Ende des Abends. Natürlich war Simon der Star, daher sei an dieser Stelle auch den unermüdlich hinter den Kulissen agierenden Organisatoren dieses herrlichen Balles, André, Silke, Frank und Katy, ein dickes Lob und ein ganz herzlicher Dank ausgesprochen. Mit ihren ca. 150 Besuchern war die Veranstaltung wirklich gut besucht, und es ist anzunehmen, daß es auf Grund des großen Erfolges dieses Abends dort noch des öfteren einen Trocadero-Ball geben wird. Gerüchteweise soll bereits ein weiterer Ball für den kommenden Herbst geplant sein.

Der aktuelle Stand zu den Planungen läßt sich garantiert bei "Swingstyle" verfolgen. 

Fazit: Die Swingtanzszene ist mit dem Tracadero-Ball um eine feine Attraktion reicher, die sich hinter den Veranstaltungen aus England und der Schweiz nicht zu verstecken braucht. Ein in jeder Hinsicht perfekter, rundherum gelungener Ball, dessen Folgeveranstaltungen jedermann nur dringend ans Herz gelegt werden können.

Wer aber gedacht hatte, daß mit dem Ball das Repertoir der Veranstalter erschöpft war, hatte sich getäuscht. Am Nachmittag des nächsten Tages war eine Fahrt mit dem noch aus der Kaiserzeit stammenden Wagen der Wuppertaler Schwebebahn organisiert worden, der nur bei Bedarf individuell gebucht werden kann und pünktlich um 15 Uhr vom Hochbahnhof in Wuppertal Vohwinkel startete. Doch davon wird an anderer Stelle berichtet.

Hier kannst Du noch einen anderen Bericht über den Trocadero Ball lesen.

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