(Abschrift des Textes siehe unten)


Der schwarze Steckrief der "Goldenen Sieben"

Besuch beim Deutschlandsender und seinem neuen Tanzorchester 
Von Ulla Miepold

Seit einiger Zeit fällt im Deutschlandsender ein Tanzorchester auf, dass die ‚Goldene Sieben’ heißt. Sie spielen nicht im Konzertsaal, nicht in Vergnügungsstätten – sie sind eine ‚funkeigene Kapelle’. Und sie sollen das Interesse für Tanzmusik derart belebt haben, dass der Deutschlandsender in den kommenden Monaten noch eine ganze Anzahl von anderen Orchestern zu Gast einlädt. Arbeitsbeschaffung der leichten Muse!

Von links nach rechts Ehrhard Krause, Franz Thon, Harold M.Kirchstein, Waldi Luczkowski, Willi Stech, Kurt Hohenberger, Ally Luczkowski.

Gerade als wir sie besuchen kommen – diese ‚Goldene Sieben’, das neue Tanzorchester des Deutschlandsenders – packen sie ihre Instrumente ein, langsam und liebevoll wie Mütter Ihre Babys.
Sie sehen gar nicht aus als ob sie eben viele Stunden hintereinander anstrengend geprobt hätten. Und dabei tun sie das doch jeden Tag. Denn sie haben sich vorgenommen, etwas Besonderes zu leisten und  gehört eben, dass jeder einzelne mit Idealismus und Arbeitsfreude zur Sache geht. Sie bilden eine Kameradschaft, sie wollen, dass in ihrem Orchester jeder einzelne solistisch zu Ton kommt und eigene musikalische Einfälle haben und äußern können. SIE wollen ja auch etwas Neues. Sie haben sich die Arbeit vor dem Mikrofon spezialiert, sie sind eine ausschließliche und ausgesprochene Rundfunkkapelle.

Die Entstehungsgeschichte der Goldenen Sieben? Eines Tages saßen der Referent der Unterhaltungsabteilung Willi Stech und Harald M. Kirchstein das jetzige ? und ? im Tonleiter-Markenschutz der Sieben, beisammen und fragten sich: „Wie könnte man eine besondere, gute deutsche Tanzmusik machen?“. Der nächste Schritt war – zum Intendanten, dann galt es die geeigneten Musiker zu finden und dann – fingen sie an! –Tanzmusik auf der Basis von Kammermusik! Jedes Stück, das sie spielen wollen, muss vorher bearbeitet und für Ihr Orchester umgeschrieben werden –Kirchstein besorgt das. Und so ist es etwas Pionierarbeit, was diese junge deutsche Tanzkapelle leistet. Unter den Zuschriften aus dem Hörerkreise sei nur hier die des Herrn Gerichtsreferendars aus Charlottenburg zitiert:“Ich bin begeistert von der Goldenen Sieben, weil ich die Überzeugung habe, das sie aus dem Wege ist, eine neue Form eines gepflegten, eleganten, kultivierten und virtuosen Stils zu finden, der aus der banalen Schlagermusik herausführt.“ (Man darf hier an die Ansprachen des Intendanten Götz Otto Stoffregen erinnern, der sich in Funkunterhaltungen mit seinen Hörern von Anfang an für eine moderne deutsche Tanzmusik einsetzte, die jeden Wettbewerb im Internationalen Konzert der Weltsender ruhmvoll bestehen könnte.)
Aber nun sollen Sie die kennen lernen, damit sie wissen, wer diese ‚Goldene Sieben’ sind.

Das f ist Erhard Krause, der die Posaune bläst und dessen Vater und Großvater die auch schon bliesen. Er hat das Posaunenblasen also geerbt. Er ist aus Berlin, 24 Jahre alt – und im Nebenberuf Fußballer. Aber die Musik liegt bei den Krauses wirklich in der Familie, denn schon der Großvater leitete in Wohlau in Schlesien ‚Die große Stadtpfeife’, Harald Krause hat auf der Hochschule für Musik in Berlin studiert, und wenn auch sein Fußballschuh der BSB manchmal lockt – noch lieber ist er doch das f in der ‚Goldenen Sieben’.

Dann kommt g Franz Thon, seines Zeichens Saxophonist, er ist gleichfalls 24 Jahre alt und macht Krause die „Babystelle“ im Orchester streitig. Eigentlich spielt er nur des Reimes wegen Saxophon. Franz Thon – Saxophon. Eines Tages ging nämlich sein Kapellmeisterposten  in die Brüche, und da die Leidenschaft für die Tanzmusik schon immer in ihm steckte, ergriff er das Saxophon – und es ergriff ihn – und seine Zuhörer hoffentlich auch!
Nach g kommt ?. Harald M.Kirchstein. 28 ist er und in New York geboren, also ein Auslandsdeutscher. In Amerika erhielt er auch seine ersten Eindrücke. Über das Banjo kam er zur Gitarre, die er jetzt spielt. Er fertigt die musikalischen Bearbeitungen für die ‚Goldene Sieben’ und komponiert selber. Von ihm stammen z.B.: Du bist meine große Leidenschaft oder Auf meiner geige. Er findet, dass das Interesse für gute deutsche Tanzmusik belebt werden muss. Erhöhte Leistung steigere ja auch die Leistung. 

Das nächste ist das b – Waldi (Er sagt selber „Waldi“ so wie Dackel Waldi) also Waldi Luczkowski, seines Zeichens Schlagzeuger. Zum Stehgeiger war er nämlich zu klein. Er ist Berliner und 20 Jahre alt. Seine erste Stellung fand er im Oberhof, und da sich damals plötzlich herausstellte, dass nun mit Waldi zwar ein Schlagzeuger, aber in keiner Weise ein –Schlagzeug vorhanden war, rannte er in alle Läden des Ortes und baute sich mit viel Mühe sein Instrument zusammen. Da aber am Schluß immer noch die Schlegel für die Trommel fehlten, musste der erstaunte Koch zwei Quirls herbeischaffen, die von Stund’ an zu Trommelschlegeln anonciertenten. Später war Waldi dann in Amerika und ? ? ? mit der ? nach Westindien. Auf einer dieser Fahrten erfand er den Namen ‚Goldene Sieben’.

Willi Stech ist das c. Er ist Pianist, außerdem Rheinländer und 29 Jahre alt. Auf die Frage, warum er gerade Klavier spiele antwortete er kurz. „Weil ich mir ein Leben ohne Klavier nicht denken könnte.“ Einmal musste ich im Rheinland für einen Pianisten einspringen, der plötzlich abgesagt hatte. Im ersten Teil des Konzerts spielte er ganz programmmäßig die C-dur Phantasie von Schumann, da aber für den zweiten Teil „moderne Musik“ angesagt und er nicht im Bilde war, setzte er sich kurz entschlossen an den Flügel und begann zu improvisieren. Das Publikum war begeistert und Stech nicht weniger, denn keiner hatte bemerkt, dass es gar nicht dem ’modernen Komponisten’ entsprach, was er da zusammenphantasiert hatte.

Das D = Kurt Hohenberger, Trompeter, aus Stuttgart und 26 Jahre, von denen er mit 18 schon Trompete bläst. Sein Vater und alle seine Brüder sind Musiker. Sein Vater sogar Trompeter am Stuttgarter Theater. Kurt als Schüler Wendlings auch Geige gelernt, eines Tages sagte der gestrenge Vater :“Aus deiner Geigerei wird nie etwas – für Dich bleibt nur – die Trompete.“ Seither bläst er Trompete gut und mit viel Vergnügen.

Und nun kommt der Schlußton der Sieben das e. Ally Luczkowski, der große Bruder des kleinen Waldi, doch außer dem gleichen ? und den getupften Schlipsen haben sie nichts gemeinsames an sich! Alle ist Geiger – und sieht danach aus. Er ist auch „schon“ 35 und somit also der Senior des Orchesters. Mit 17 Jahren hat er angefangen, und 17 Jahre später Stehgeiger in den verschiedensten Orchestern Deutschlands und in Spanien, in Madrid und Casablanca. Jetzt interessiert ihn die Arbeit beim Rundfunk besonders, weil man hier auch tanzmusikalische Möglichkeiten versucht.

So – und das also waren die sieben Steckbriefe für die „Goldene Sieben“. Sie selbst spielen Ihnen allwöchentlich ihren Schlussakkord - ? – hören Sie gut zu.

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Auf der Suche nach Archivmaterial in jeglicher Form freue ich mich über Zuschriften von interessierten Menschen und erreiche vielleicht auch jemanden, der die Musik selbst noch erlebt und gespielt hat. 

Informationen bitte an folgende Adresse: 
Dagmar Luczkowski
Schmidt-Blegge Str. 6
51469 Bergisch Gladbach

Privat: D (+49) – (0)2202 – 929 7327
Fax: D (+49) – (0)2202 – 929 7328
 Email: dluczkowski@arcor.de


 
 
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